Dokumentationsmodule Nationales Notaufnahmeregister (Traumamodul)
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Version vom 3. Mai 2017, 12:08 Uhr
Dieses Dokument gibt wieder:
Implementierungsleitfaden Dokumentationsmodule Nationales Notaufnahmeregister (Traumamodul) (1.00). Die Teilmaterialien gehören der Kategorie cdannar an. |
auf der Basis der HL7 Clinical Document Architecture Release 2
Traumamodul
HL7 Deutschland
Abstimmungsdokument | |||
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Version | Datum | Status | Realm |
1.00 | 01.05.2017 | Abstimmung | Deutschland |
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Inhaltsverzeichnis
Dokumenteninformationen
Impressum
Dieser Leitfaden ist im Rahmen des Verbundforschungsprojekt "Verbesserung der Versorgungsforschung in der Akutmedizin in Deutschland durch den Aufbau eines Nationalen Notaufnahmeregisters" (AKTIN, [1]) zusammengestellt und unterliegt dem Abstimmungsverfahren des Interoperabilitätsforums[2] und der Technischen Komitees von HL7 Deutschland e. V. [3]
Ansprechpartner
- Dr. Kai U. Heitmann, HL7 Deutschland e.V., Heitmann Consulting and Services, Gefyra GmbH
Disclaimer
- Der Inhalt dieses Dokumentes ist öffentlich. Zu beachten ist, dass Teile dieses Dokuments auf der Normative Edition 2005 von HL7 Version 3 beruhen, für die © HL7 International gilt.
- Obwohl diese Publikation mit größter Sorgfalt erstellt wurde, kann HL7 Deutschland keinerlei Haftung für direkte oder indirekte Schäden übernehmen, die durch den Inhalt dieser Spezifikation entstehen könnten.
Autoren
- Dr. Kai U. Heitmann, HL7 Deutschland e.V., Heitmann Consulting and Services, Gefyra GmbH
Copyright-Hinweis, Nutzungshinweise
Die Nachnutzungs- bzw. Veröffentlichungsansprüche sind nicht beschränkt.
Der Inhalt dieser Spezifikation ist öffentlich.
Dieser Leitfaden basiert auf dem national adaptierten HL7-Standard der „Clinical Document Architecture (CDA)".
Näheres ist unter http://www.hl7.de und http://www.hl7.org zu finden. Für alle veröffentlichten Dateien mit einem CDA-Bezug gilt ferner: Alle abgestimmten und veröffentlichten Spezifikationen wie Implementierungsleitfäden, Stylesheets und Beispieldateien sind frei verfügbar und unterliegen keinerlei Einschränkungen, da die Autoren auf alle Rechte, die sich aus der Urheberschaft der Dokumente ableiten lassen, verzichten.
Die im Anhang genannten Ausführung zu anderweitigen Lizenzen sind zu beachten.
Alle auf nationale Verhältnisse angepassten und veröffentlichten CDA-Schemas können ohne Lizenz- und Nutzungsgebühren in jeder Art von Anwendungssoftware verwendet werden.
Aus der Nutzung ergibt sich kein weiter gehender Anspruch gegenüber HL7 Deutschland oder den Autoren, zum Beispiel eine Haftung bei etwaigen Schäden, die aus dem Gebrauch der Spezifikationen bzw. der zur Verfügung gestellten Dateien entstehen.
Danksagung
Das Projekt ist BMBF gefördert, Förderkennzeichen 01KX1319B.
Einleitung
Rationale
Verbesserung der Versorgungsforschung in der Akutmedizin in Deutschland durch den Aufbau eines Nationalen Notaufnahmeregisters
Über die Beteiligung von deutschen Krankenhäusern an der Notfallversorgung existieren keine bundesweiten Daten. Außer stichprobenhaften Datenerhebungen im Rahmen von einzelnen Umfragen oder Studien sind keine regelmäßigen und einrichtungsübergreifenden Datensammlungen in der klinischen Notfallmedizin vorhanden. Eine Verbesserung der medizinischen Versorgung der geschätzt über 21 Millionen Notfallpatienten pro Jahr durch Versorgungsforschung, Qualitätssicherungsmaßnahmen und Gesundheitssurveillance sind daher aktuell im Bereich der innerklinischen Notfallmedizin kaum möglich. Mit dem Verbundforschungsprojekt "Verbesserung der Versorgungsforschung in der Akutmedizin in Deutschland durch den Aufbau eines Nationalen Notaufnahmeregisters", kurz AKTIN, sollen die Grundlagen für ein nationales Notaufnahmeregister erarbeitet werden.
Vorarbeiten
Die Basis des Projektes ist das von der Sektion Notaufnahmeprotokoll der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V. (DIVI) entwickelte Datensatz mit dazugehörigem Papierprotokoll für eine standardisierte, strukturierte Dokumentation in der Notaufnahme. Um für verschiedene Fragestellungen relevanten Daten zusammenführen zu können ist der Aufbau einer dezentralen IT-Infrastruktur geplant. Bei dieser IT-Architektur bleiben die Daten in den einzelnen Kliniken und damit im Behandlungskontext. Erfolgt eine Anfrage für eine wissenschaftliche Fragestellung, so werden, unter Wahrung des Datenschutzes, nur die erforderlichen Daten zusammengeführt. In dem Projekt soll mit anonymisierten Daten gearbeitet werden.
Zielsetzung
Im Rahmen des Projekts sollen die Dokumentationsmodule zum Aufbau eines Nationalen Notaufnahmeregisters auf der Basis von CDA definiert werden. Den Anfang machte das CDA-Dokument für das so genannte Basismodul, welches auf der Grundlage des zugehörigen Datensatzes erstellt und abgestimmt wird. Nunmehr ist auch das Traumamodul fertiggestellt.
Dieses Material ist Teil des Leitfadens Implementierungsleitfaden.
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Struktureller Aufbau
Die Sektion Notaufnahmeprotokoll hat einen modularen Datensatz entwickelt. Das AKTIN-Projekt setzt die Entwicklung der Sektion Notaufnahmeprotokoll als CDA-Dokumente um. Neben den Modulen
- Basis,
- Konsil und
- Überwachung
wurden weiterere Spezialmodule erarbeitet, die leitsymptomorientiert additiv verwendet werden können, nämlich
- Trauma
- Anästhesie
- Neurologie.
Die Module sollen allesamt als CDA-Dokumente abgebildet werden. Zunächst liegen diese für das Basismodul und das hier vorliegende Traumamodul vor. Für die weiteren Module wurden zumindest die Datensätze übernommen, weitere CDA-Spezifikationen könnten folgen.
Der Datensatz / das Szenario des Traumamodul ist in der Kollaborationsumgebung ART-DECOR einsehbar, eine Übersicht kann man sich hier verschaffen.
Verwendete Standards und Spezifikationen
In der vorliegenden Spezifikation ist die Clinical Document Architecture Release 2 (CDA R2), auch ISO/HL7 27932:2009 die Grundlage.
Des Weiteren sind Templates und Value Sets abgeleitet oder übernommen aus folgenden internationalen bzw. nationalen Standards:
- HL7 International: Consolidated CDA Templates for Clinical Notes (C-CDA)
- HL7 Deutschland: Elektronischer Arztbrief 2015 und "Arztbrief Plus"
- IHE: Patient Care Coordination Technical Framework (PCC)
Die genauen Referenzen in diese Standards sind bei den Templates unter Beziehungen/Relationships angegeben.
Folgende Spezifikationen wurden inspiziert und haben den Leitfaden inspiriert:
- HL7 CDA® R2 Implementation Guide: Trauma Registry Data Submission, Release 2 - US Realm, January 2016
- HL7 CDA® R2 Implementation Guide: Trauma Registry Data Submission, Release 2 - US Realm, May 2017, HL7 Normative Ballot
- HL7 Implementation Guide for CDA® Release 2 – Level 3: Emergency Medical Services; Patient Care Report, Release 1 – US Realm
- CDA-CH-EDES - Implementierungsleitfaden Notfallaustrittsbericht, basierend auf CDA-CH-II resp. eCH-0121 und IHE EDPN resp. CTNN 10.
Besondere Hinweise zur Modellierung
Es wird auf die Erläuterungen andernorts zu den Themen
hingewiesen.
- Erläuterungen zur CDA-XML-Repräsentation im Basismodul [3]
Teilweise wurden Templates und Value Sets doppelt angelegt: eine Version enthielt SNOMED-CT-Codes (deren Erhebung und Evaluation im Rahmen des Projekts zum wissenschaftlichen Teil gehörten), eine zweite Version war frei von SNOMED-CT-Codes. Erstere sind allesamt mit dem Status deprecated versehen und dienen nur der wissenschaftlichen Evaluation. Letztere sind die für die Implementierung zu verwendenden Versionen.
Übersicht CDA Header und Body
Eine Übersicht zum gesamten Projekt mit allen Templates und Value Sets ist unter dem Projektindex zu finden.
Header
Im Header sind die üblichen und geforderten Angaben
- zum Dokument selbst mit Identifikation, Version, Sprache des Dokuments, Dokumenten-Level-Kodes (siehe unten) etc.
- dem Patienten
- dem Ersteller (Autor)
- der Organisation die das Dokument verwaltet
- die Dienstleistung/Behandlung.
Dokumenten-Level-Kodes für die Module
Alle Module haben sind durch einen entsprechenden LOINC-Kode in ClinicalDocument.code gekennzeichnet. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über alle Module
Modul | LOINC-Kode | Beschreibung |
---|---|---|
Basis | 68552-9 | Emergency medicine Emergency department Admission evaluation note |
Konsil | 11488-4 | Consult note |
Überwachung | 53576-5 | Personal health monitoring report Document |
Trauma | 74198-3 | Trauma Summary registry report |
Anästhesie | 34750-0 | Anesthesiology Note |
Neurologie | 34905-0 | Neurology Note |
Für jedes dieser "Module" ist eine eigenständige CDA-Spezifikation geplant, die zu jeweils separaten CDA-Dokumenten für einen Patienten bzw. den Behandlungsprozess führen. Bisher liegt neben der Spezifikation für das Traumaodul auch das Basismodul vor.
Body
Der Body besteht aus einer Reihe von Sections, in denen der Text wiedergegeben wird. In der Regel sind die Sections um die maschinenlesbaren Entries ergänzt. Die folgende hierarchische Zusammenstellung gibt eine Übersicht.
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Verwendung von Templates
Wie aus den vorhergehenden Erläuterungen ersichtlich ist, setzt sich ein Dokument aus verschiedenen Komponenten zusammen, die flexibel miteinander kombiniert werden können. Für ein Zusammensetzen der Einzelteile auf den unterschiedlichen Ebenen gibt es detaillierte „Baupläne“, die in CDA auch Templates – oder auch Schablonen oder Muster – genannt werden.
Templates sind vordefinierte und allgemein nutzbare Vorlagen, die Strukturen von Dokumenten, Dokumentteilen oder Datenelementen vorgeben.
In diesem Leitfaden werden vier Typen von CDA-Templates verwendet:
- Document Level Templates
- Header Level Templates
- Section Level Templates (Abschnitte)
- Entry Level Templates (kodierte Information, CDA-Entries)
Im Folgenden werden die CDA-Templates beschrieben, die im Rahmen dieses Leitfadens definiert sind bzw. genutzt werden. Weitere Hinweise zum Aufbau der Template-Beschreibungen hier und in ART-DECOR finden sich unter http://art-decor.org/mediawiki/index.php/ART_Template_Viewer.
Terminologien
Value Sets
- Transportmethode 1.2.276.0.76.11.41
Kodesysteme
Anhang (nicht normativ)
Dieses Material ist Teil des Leitfadens Implementierungsleitfaden.
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Beschreibung der Use Cases und Storyboards
Die Storyboards dienten als Vorgabe zur Erstellung von Beispiel-Dokumenten gemäß dieser Spezifikation. Die Dokumente finden sich in Kürze in den XML-Materialien auf der Projekt-Homepage bei ART-DECOR [4]. Für die hier vorliegenden Storyboards 5 und 6 sind nicht nur Traumamodul-Beispieldateien erzeugt, sondern auch die zugehörigen Basismodul-Beispieldateien.
Storyboard 5: Epidurale Blutung
Am 12.01.2017 verunfallt Herr Max Mustermann, geboren am 09.11.1964 als Insasse seines PKWs auf dem Weg zur Arbeit. Aus unerklärlichen Gründen fährt er auf einer Alleestraße um 05:55 ungebremst mit Anschnallgurt gesichert gegen einen Baum. Die Airbags haben ausgelöst. Von nachfahrenden Autos wird der Notruf abgesetzt und um 06:01 werden ein RTW und ein NEF alarmiert. Der RTW trifft um 06:13 am Unfallort ein und findet einen langsam atmenden Patienten (Atemfrequenz 5/min) mit einer Zyanose (SpO2 75%) und einem Blutdruck von 163mmHg systolisch und 91mmHg diastolisch vor. Die Herzfrequenz beträgt 95/min. Der Patient öffnet die Augen auch auf Schmerzreiz (GCS – Augenöffnen 1) nicht, die verbale Antwort ist unverständlich (GCS – verbale Antwort 2) und auf Schmerzreiz reagiert der Patient mit ungezielten Abwehrbewegungen (GCS – motorische Antwort 4). Der erhobene GCS beträgt dementsprechend 7 Punkte. Die rechte Pupille ist weit, die linke Pupille mittel und die Lichtreaktion ist rechts aufgehoben und links träge. Der Patient riecht nach Alkohol, die Körpertemperatur beträgt im Ohr gemessen 35,8°C. Eine Schmerzintensität ist nicht zu erheben. Es findet sich eine blutende Kopfschwartenverletzung links okzipital, wo der Patient offensichtlich mit der B-Säule zusammengestoßen ist und kleinere Schnittwunden im Gesicht von der zersplitterten Windschutzscheibe und Abschürfungen durch den Airbag. Der Patient hat eine Prellmarke am Thorax und am Becken im Verlauf des Anschnallgurtes. Im Bodycheck findet sich eine Rippenserienfraktur im oberen Thorax links, der Bauch ist weich, das Becken erscheint in der klinischen Untersuchung stabil.
Zusammen mit dem in der Zwischenzeit eingetroffenen Notarzt wird der Patient mit HWS-Immobilisierung, keiner Intubation, einem supraglottischen Atemweg, keinem chirurgischen Atemweg, keiner Thoraxdrainage versorgt. Weiterhin erhält der Patient Sauerstoff, einen venösen Zugang links und rechts, keinen arteriellen Zugang, keinen ZVK, keinen IO-Zugang, es werden 500ml Kristalloide infundiert und keine Kolloide gegeben. Weiterhin wird keine Small Volume Resuscitation vorgenommen, es wird weder Herzdruckmassage noch Defibrillation durchgeführt und auch keine Katecholamine appliziert. Es wird eine Blutstillung der Kopfschwarte mit Druckverband durchgeführt, es werden keine Frakturen versorgt und auch kein Beckengurt angelegt. Tranexamsäure wird nicht gegeben und eine FAST wird ebenfalls präklinisch nicht durchgeführt. Der ungefähr 80kg schwere Patient erhält eine Analgosedierung mit 400mg Trapanal, 100mg Succinylcholin und insgesamt 0,3mg Fentanyl, 5mg Dormicum und 8mg Pancuronium. Im RTW wird auf dem Transport eine Thermoprotektion durchgeführt. Die präklinischen Diagnosen ergeben ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, ein leichtes Gesichtstrauma, ein mittleres Thoraxtrauma, kein Abdomen, keine Wirbelsäulenverletzung, kein Beckenverletzung, keine Verletzung von oberer und unterer Extremität sowie keine Weichteilverletzung. Der NACA-Score wird als 6 angegeben, eine ASA-Einschätzung vor dem Trauma wird nicht vorgenommen. Der Transportbeginn des Patienten mit Notarzt und RTW im so gebildeten NAW erfolgt um 06:42.
Der Patient wird um 12.01.2017 um 07:01 im Krankenhaus aufgenommen, der erste Arztkontakt mit dem Traumaleader Dr. M. Esser findet um 07:01 im Schockraum statt. Als Krankenhausinterne Fallnummer erhält er die 2017016754, die krankenhausinterne Patientennummer lautet 871456. Die Ersteinschätzung mit Manchester-Triage-System MTS ergibt die Einschätzung rot, das Leitsymptom nach CEDIS ist „Schweres Trauma – stumpf“, CEDIS-Code 802. Die Atemfrequenz unter Beatmung ist 12/min, die Sauerstoffsättigung SpO2 beträgt 100% unter 100% FiO2, es werden 40mmHg etCO2 gemessen. Der erste gemessene Blutdruck ist 85/43 mmHg, die Herfrequenz ist 144/min. Der GCS ergibt 3, Augenöffnung 1, Verbale Antwort 1, Motorische Antwort 1. Die rechte Pupille ist weiterhin weit, die linke Pupille ist eng; eine Lichtreaktion ist bei beiden nicht nachweisbar. Die Körperkerntemperatur gemessen mit einem Blasenkatheter ergibt 35,1°C. Ein Tetanusschutz ist unbekannt daher wird eine Auffrischung mit Tetanustoxoid, die Rankin-Skala wird nicht erhoben. Eine Isolation wird nicht durchgeführt, es sind keine multiresistenten Keime bekannt. In den Unterlagen des Patienten findet sich ein Allergiepass auf Penicillin und Paraffin und ein Medikamentenzettel. Auf diesem befindet sich die Hausmedikation des Patienten:
Medikament | Einnahmeschema | Einnahmegrund |
---|---|---|
Metoprolol 95mg | 1-0-0 | Vorhofflimmern, Hypertonus |
ASS 100mg | 1-0-0 | KHK |
Amlodipin 10 mg | 1-0-0 | Hypertonus |
Valsartan 160mg | 1-0-0 | Hypertonus |
HCT 25mg | 1-0-0 | Hypertonus |
Eliquis 2,5mg | 1-0-1 | Vorhofflimmern |
Nach Übergabe und Umlagerung des Patienten wird dieser im Schockraum prioritätenorientiert untersucht. Der Ersteindruck ergibt einen schwer verletzten Patienten mit gefühlt relevantem Blutverlust. Der Anästhesist stellt am Beatmungsgerät mit 40cmH20 und 250ml Atemzugvolumen bei einem PEEP von 5mmHg ein einseitiges Atemgeräusch links sowie einen Kreislaufeinbruch des bis dahin kardiopulmonal stabilen Patienten fest. Die vorgezogene FAST-Untersuchung um 07:05 ergibt zwar keine freie Flüssigkeit im Abdomen aber als pathologischen Befund einen Pneumothorax links. Dementsprechend wird eine Nadeldekompression des linken Hemithorax mit anschließender Einlage einer Thoraxdrainage links um 07:09 vorgenommen. Währenddessen erfolgt die Blutentnahme des Patienten am rechten Arm für ein Labor, ROTEM und eine Blutgasanalyse (BGA) um 07:07.
Blutgasanalyse | 07:07 |
---|---|
pH | 7,063 |
BE | -8,1 mmol/l |
PaO2 | 70,3mmHg |
Hb | 10,3 mmol/l |
Thrombozyten | 226 Gpt/L |
Quick | 71% |
PTT | 46,2 sek |
INR | 1,21 |
Fibrinogen | 2,7 g/l |
Calcium | 1,18 |
Ethanol | 147,8 mg/dl |
ROTEM | Uhrzeit 07:07 |
EXTEM CT | 85 sek |
EXTEM MCF | 47 mm |
FIBTEM A10 | 9mm |
Nach Dekompression des Spannungspneumothorax erholt sich der Patient mit folgenden Vitalwerten um 07:11. AF 12/min, SpO2 100%, etCO2 34mmHg, RR 134/67 mmHg, HF 95/min. Daraufhin wird um 07:16 im Schockraum ein CCT des Kopfes und um 07:18 ein Traumscan durchgeführt. Im CCT wird als pathologischer Befund ein epidurales Hämatom rechts mit Mittellinienverlagerung nach links und rechts komprimiertem Seitenventrikel festgestellt. Im Traumscan wird eine Rippenserienfraktur links mit korrekt eingelegter Thoraxdrainage in Bülauposition mit Drainagenspitze in der Pleurakuppel gefunden. Im weiteren secondary Survey wurde eine distale Unterschenkelfraktur festgestellt, die achsengerecht gelagert und immobilisiert wurde. Es wurden weiterhin 1.000ml Kristalloide und keine Kolloide infundiert. Die präklinische begonnene Analgosedierung wurde mit einem Propofolperfusor mit 300mg/h Laufrate ab 07:15 weitergeführt. In der weiteren Schockraumversorgung wird ein arterieller Zugang links radial um 07:20 gelegt und ein zentraler Venenkatheter (ZVK) in der Vena subclavia links um 07:28. Der Patient wurde ohne Anfertigung eines Röntgenbildes des verletzten Unterschenkels und damit inkompletter Schockraumdiagnostik zur weiteren Therapie um 07:33 in den Operationssaal gebracht, die Übergabe dort erfolgte um 07:36, der Schnitt zur hirndruckentlastenden Kraniektomie erfolgte um 07:59. Die Teammitglieder waren
Teammitglied | Name |
---|---|
Anästhesist | G. Asmann |
Chirurg | M. Esser, B. Auch, A. Sisstent |
ZINA | P. Fleger |
Radiologe | B. Ilder |
MTRA | R. Öhre |
Die in der Notaufnahme erhobenen Diagnosen: Führende Diagnose
Führende Diagnose | |
---|---|
S06.4 | Epidurale Blutung |
Weitere Diagnosen | |
S06.79! | Bewusstlosigkeit bei Schädel-Hirn-Trauma – Dauer nicht näher bezeichnet |
S27.0 | Traumatischer Pneumothorax |
S82.30 | Distale Fraktur der Tibia mit Fraktur der Fibula |
V99 | Transportmittelunfall |
Storyboard 6: Multiple Verletzungen des Thorax
Am 17.01.2017 um 02:20 wird Herr Max Fux *25.03.1997 wohnhaft in der Bahnhofstraße 7, 12345 Großstadt im Rahmen einer Straßenschlägerei im Bahnhofsviertel Opfer eines Gewaltverbrechens. Nachdem er zu Boden geschlagen und getreten wurde (stumpfer Unfallmechanismus) wurde er mit 7 Messerstichen in den Brustkorb beidseits, Hals und linken Arm (penetrierender Unfallmechanismus) schwerst verletzt. Die Alarmierung des Rettungsdienstes und der Polizei erfolgte um 02:25. Der RTW trifft zusammen mit der Polizei um 02:32 am Tatort ein, das NEF um 02:35. Die ersten Vitalwerte sind Atemfrequenz (AF) = 32/min, SpO2 nicht messbar, etCO2 nicht erhoben, RRsys 72/43 mmHg und Herzfrequenz 152/min. Der Patient Hat die Augen spontan geöffnet (GCS – Augenöffnung 4), die verbale Antwort ist unverständlich (GCS – Verbale Antwort 2), die motorische Antwort ungezielt (GCS – motorische Antwort 4), in Summe ein GCS von 10 Punkten. Die Pupillen sind beidseits weit, die Lichtreaktion ist prompt. Eine Intoxikation scheint nicht vorzuliegen. Die Temperatur beträgt 36,8°C, die Schmerzintensität ist nicht zu erheben. Eine HWS-Immobilisierung wird nicht vorgenommen. Die spritzende Blutung aus dem linken Unterarm wird mittels eines Tourniquet gestillt. Das initial bestehende A-Problem durch Messerstich mit starker Blutung in den Hals wird versucht nach Einleitung einer Notfallnarkose über einen intraossären Zugang in der Tibia rechts mittels Intubation zu beheben. Diese scheitert ebenso wie der supraglottische Atemweg, so daß ein chirurgischer Atemweg mittels Koniotomie notwendig wird. Trotz Gabe von Sauerstoff und Beatmung stabilisiert sich die Oxygenierung des Patienten nicht. Es wird in der Auskultation ein abgeschwächtes Atemgeräusch links feststellt und eine Thoraxdrainage links angelegt. Der massive Schock mit Tachykardie ist trotzdem weiterbestehend, der Patient wird mit Kristalloiden und Kolloiden über einen zusätzlichen venösen Zugang (14 G, Handrücken rechts) infundiert. Eine Small Volume Resuscitation wird nicht durchgeführt, Herdruckmassage, Defibrillation, Katecholamine ebenfalls nicht appliziert. Eine Fraktur liegt nicht vor und ein Beckengurt wird nicht angelegt. Es wird 1g Tranexamsäure appliziert und im FAST freie Flüssigkeit im Hemithorax und im Abdomen festgestellt. Eine Analgosedierung wird durchgeführt und der Patient unter Thermoprotektion in die nächste Klinik gefahren. Als präklinische Diagnosen ist ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma, ein schweres Gesichtstrauma, ein schweres Thoraxtrauma, ein schweres Abdomentrauma, keine Verletzung der Wirbelsäule, Becken und unterer Extremität zu verzeichnen. Eine schwere Verletzung der oberen Extremität liegt vor mit schwerer Weichteilverletzung. Der NACA-Score beträgt 5.
Der Transportbeginn ist um 03:10, der Patient wird am 17.01.2017 um 03:22 in der Notaufnahme aufgenommen. Er ist bei einer gesetzlichen Krankenkasse krankenversichert, die Versicherungsnummer lautet A123456789. Der erste Arztkontakt findet um 03:22 Uhr im Schockraum mit dem Traumaleader Dr. M.Esser statt. Die Ersteinschätzung nach ESI ergibt Schweregrad 1 – rot. Vom Notarzt wurden folgende Medikamente appliziert:
Medikament | Dosis |
---|---|
Esketamin | 100mg |
Midazolam | 5mg |
Rocuronium | 100mg |
HAES 6% | 1000ml |
Ringeracetat | 1000ml |
Der Tetanusschutz des Patienten ist unbekannt, eine Isolation wird nicht vorgenommen und es sind weder MRSA, noch 3-MRGN, 4-MRGN, VRE oder andere multiresistente Keime bekannt. Der Patient wird unter maschineller Beatmung mit einer Atemfrequenz von 12/min, SpO2 von 98% bei FiO2 von 100%, RRsys von 74/36 mmHg und Herzfrequenz von 154/min eingeliefert. Das etCO2 beträgt 36mmHg. Da keine Augenöffnung (1), keine verbale Reaktion (1) und keine motorische Antwort (1) möglich ist, wird er GCS mit 3 Punkten eingeschätzt. Die Pupillen sind mittelweit und die Lichtreaktion prompt. Die Körpertemtperatur beträgt 35,3°C, eine Schmerzintensität ist nicht zu erheben. Die Zuweisung erfolgte per Notarzt mit dem NAW. Es ist keine Antikoagulation bekannt.
Bei der Ersteinschätzung scheint der Patient einen relevanten gefühlten Blutverlust erlitten zu haben. Im Primary Survey wird ein mittels Koniotomie behandeltes A-Problem und ein mittels Thoraxdrainage links behandeltest B-Problem detektiert. In der Untersuchung der vier Blutungsräume werden multiple Stichwunden auf dem Brustkorb und Oberbauch festgestellt, der Bauch ist weich, das Becken in der manuellen Untersuchung stabil, die Oberschenkel nicht gebrochen. Während um 03:27 Blut für Labor und BGA abgenommen wird, wird zeitgleich eine FAST-Untersuchung vorgenommen. Diese zeigt wenig freie Flüssigkeit im rechten Hemithorax, vermehrt freie Flüssigkeit im linken Hemithorax, freie Flüssigkeit im Abdomen und einen Perikarderguß. Die initiale BGA ergibt:
Blutgasanalyse | 03:27 |
---|---|
pH | 6,85 |
BE | -12,6 mmol/l |
PaO2 | 250,3mmHg |
Hb | 5,6 mmol/l |
Thrombozyten | 90 Gpt/L |
Quick | 49% |
PTT | 52 sek |
INR | 1,5 |
Fibrinogen | 1,2 g/l |
Calcium | 0,9 mmol/l |
Ethanol | 24,6 mg/dl |
ROTEM | Uhrzeit 03:27 |
EXTEM CT | 102 sek |
EXTEM MCF | 37 mm |
FIBTEM A10 | 6mm |
Es werden initial 4 Erythrozytenkonzentrate 0 negativ aus dem lokalen Blutbankdepot und 4g Fibrinogen infundiert. Währenddessen wird eine arterieller Zugang in der Arteria femoralis rechts angelegt. Um 03:37 fällt der invasiv gemessene Blutdruck auf 32/19 mmHg ab, die Herzfrequenz steigt auf 178/min. Daraufhin wird eine Thoraxdrainage rechts angelegt. Die Kreislaufsituation stabilisiert sich daraufhin nicht, so dass eine erneute FAST-Untersuchung durchgeführt wird. Die freien Flüssigkeiten sind nicht wesentlich zunehmend, aber der Perikarderguss hat sich stark ausgebreitet. Es zeigt sich das Bild eines „swinging heart“ und eines Kollaps des rechten Ventrikels. Bei funktionellem Kreislaufstillstand und perforierender Thoraxverletzung wird die Indikation zur Notfallthorakotomie gestellt und der Thorax um 03:47 durch Clamshell-Thorakotomie eröffnet, das Perikard inzidiert und der schon teilorganisierte Perikarderguß ausgeräumt. Daraufhin wird die Reanimation mittels bimanuelle Herzdruckmassage begonnen. Zusätzlich wird 1mg Epinephrin als Katecholamin um 03:50 gegeben. Nach Übernähung einer Verletzung des Herzens stabilisiert sich der Patient und hat um 03:57 wieder einen Eigenrhythmus ohne Defibrillation. Im Verlauf werden 6 weitere Erythrozytenkonzentrate , Fibrinogen, Calcium, PPSB und 10 Fresh frozen Plasma (FFP) sowie 2 Thrombozytenkonzentrate (TK) transfundiert. Zusätzlich werden noch 2l Ringeracetat als Kristalloide infundiert. Die Beatmung wird kontrolliert mit Frequenz 12/min, Atemzuvolumen 500ml und Atemminutenvolumen 6l/min bei 100% FiO2 fortgeführt. Um 04:15 wird ein Shaldon-ZVK in die Vena femoralis rechts gelegt. Nach Stabilisierung wird er Patient um 04:35 mittels cCT und um 04:37 mittels Traumascan untersucht. Dabei wird eine Stichverletzung des oberen Kehlkopfes, mehrere Stichverletzungen und Lungenkontusionen beidseits, eine Stichverletzung der Leber.
Die Analgosedierung und der aktive Wärmeerhalt werden fortgeführt und der Patient zur Versorgung der Thoraktomie in den OP verlegt. Um 06:15 erfolgt dann der Schnitt zur Stabilisierung bzw. Versorgung der stark blutenden Extremitätenverletzung. Bis dahin war das Tourniquet zur Blutstillung fortgeführt worden. Die Leberverletzung erscheint nicht initial nicht operationswürdig und wird konservativ behandelt. Die Teammitglieder waren
Teammitglied | Name |
---|---|
Anästhesist | G. Asmann |
Chirurg | M. Esser, B. Auch, A. Sisstent |
ZINA | P. Fleger, |
Radiologe | B. Ilder |
MTRA | R. Öhre |
Thoraxchirurg | B. Rust |
Die in der Notaufnahme erhobenen Diagnosen:
Führende Diagnose | |
---|---|
S29.7 | Multiple Verletzungen des Thorax |
Weitere Diagnosen | |
S26.0 | Traumatisches Hämoperikard |
S11.01 | Offene Wunde mit Beteiligung des Kehlkopfes |
S55.1 | Verletzung der A. radialis in Höhe des Unterarmes |
S36.16 | Sonstige Verletzungen der Leber |
S06.0 | Gehirnerschütterung |
R57.1 | Hypovolämischer Schock |
D62 | Akute Blutungsanämie |
D68.4 | Erworbener Mangel an Gerinnungsfaktoren |
D69.58 | Sonstige sekundäre Thrombozytopenien, nicht als transfusionsrefraktär bezeichnet |
I46.0 | Herzstillstand mit erfolgreicher Wiederbelebung |
J94.2 | Hämatothorax |
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Referenzen
- ↑ Homepage des AKTIN-Projekts http://www.aktin.org
- ↑ Abstimmungsverfahren (Regeln) des Interoperabilitätsforums http://wiki.hl7.de/index.php?title=Abstimmungsverfahren_(Regeln)
- ↑ HL7 Deutschland e. V. http://www.hl7.de
- ↑ Materialien-Homepage des AKTIN-Projekts bei ART-DECOR: http://aktin.art-decor.org