Einleitung
Dieses Material ist Teil des Leitfadens Übermittlung meldepflichtiger Krankheiten.
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Motivation und Ziel
Vor dem Hintergrund der jüngsten Epidemien wurden vielfach Forderungen erhoben das Meldewesen in Deutschland zu modernisieren und schneller zu machen. In Abstimmung mit den aktuellen Aktivitäten auf Bundesebene beabsichtigt das Land Nordrhein-Westfalen die Erprobung eines elektronischen Meldeweges weiter voranzutreiben. Zu diesem Zweck wurde das Zentrum für Telematik im Gesundheitswesen (ZTG) mit der Erarbeitung der Grundlagen für die Einführung eines elektronischen Meldeverfahrens zur Übermittlung von meldepflichtigen Krankheiten und Erregern von Ärztinnen/Ärzten und Laboreinrichtungen an die zuständigen Gesundheitsämter sowie mit der Betreuung entsprechender Pilotversuche betraut. Zielsetzung ist die Übermittlung für die Meldepflichtigen so schnell und einfach wie möglich zu gestalten. Dafür wird angestrebt, in den Primärsystemen bereits vorhandene Informationen zum Erkennen eines meldepflichtigen Falls und zum weitgehenden Vorbefüllen eines Meldedatensatzes zu nutzen, so dass eine Meldung gemäß den Vorgaben des IfSG bzw. des Robert-Koch-Instituts (RKI) „auf Knopfdruck“ verschlüsselt an das zuständige Gesundheitsamt übermittelt werden kann. Der prinzipielle Meldeweg und -umfang an sich bleiben von der Umstellung auf eine elektronische Meldung unberührt.
Der hier dargestellte Entwurf eines Implementierungsleitfadens ist derzeit noch in Entwicklung und orientiert sich an den umfangreichen Vorarbeiten eines PDF-Leitfadens aus dem Jahr 2008. Allerdings ist vorerst der inhaltliche Fokus enger gefasst und auf die elektronische Umsetzung der existierenden (aktuell gesetzlich vorgegebenen) Meldewege für namentliche Meldungen ausgerichtet.
Hintergrund der etablierten Formulare zur Übermittlung von meldepflichtigen Krankheiten und Erregern gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG)
Inhalt der Meldungen nach IfSG ist die Übermittlung meldepflichtiger Infektionskrankheiten bzw. Erregernachweise durch Ärzte und Labore an die zuständigen Behörden. In den meisten Fällen sind dies die Gesundheitsämter entweder am Ort des Krankenhauses oder dem Wohnort des Patienten. Dies dient u.a. dazu, dass die zuständigen Behörden geeignete seuchenhygienische Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung einleiten können und ein umfassendes Lagebild bei Epidemien erhalten.
Die Meldekette in ihrer heutigen Form ist - abgesehen von der "ersten Meile" vom Meldepflichtigen zum zuständigen Gesundheitsamt - weitestgehend durch elektronische Übermittlung von maschinell verarbeitbaren Datensätzen realisiert. Für die Übermittlung der Daten zwischen den Gesundheitsämtern, Landesgesundheitsbehörden und dem auf Bundesebene zuständigen Robert-Koch-Institut (RKI) stehen durch das RKI definierte Datensatzstrukturen und Tools (SurvNet@RKI) zur Verfügung. Bei der initialen Übermittlung auf der "ersten Meile" erfolgt die Meldung auf Basis von Formularen, deren Systematik für eine papierorientierte Meldung primär darauf ausgerichtet ist, alle relevanten Daten möglichst auf einer DIN-A4-Seite abzubilden. In der Praxis werden diese Formularmuster häufig handschriftlich ausgefüllt und per Brief oder Fax übermittelt. Daneben werden mit zunehmender Tendenz auch frei gestaltete Meldungen per Fax oder Email an die Gesundheitsämter gesandt. Dies führt zu einem erheblichen Aufwand bei der Auswertung und Erfassung der Meldungen.
Vor dem Hintergrund der Vogelgrippe in 2009 und der EHEC-Epidemie im Sommer 2011 wird aktuell der Ansatz wieder aufgenommen, die Meldungen der meldepflichtigen Personenkreise an die zuständigen Behörden vom heute üblichen Post- oder Fax-Versand durch eine elektronische Übermittlung mittels eines standardisierten und strukturierten Datensatzes abzulösen. Zielsetzung ist dabei zum Einen den meldepflichtigen Personenkreisen (insbesondere Ärzten und Laboren) einen zeitgemäßen Übertragungsweg zu eröffnen, der eine optimierte Integration in die Abläufe der Praxen, Krankenhäuser und Labore ermöglicht und zum Anderen das Potential bietet, die Geschwindigkeit, Qualität und bei bestimmten Erkrankungen auch die Quantität der Meldungen erheblich zu verbessern.
Die grundlegenden Inhalte der Meldung sind im Infektionsschutzgesetz (§ 6 Meldepflichtige Krankheiten, § 7 Meldepflichtige Nachweise von Krankheitserregern) bundesrechtlich geregelt. Details legt das RKI in einem jährlich aktualisierten Regelwerk fest. Entsprechend der unterschiedlichen Inhalte und Struktur der Meldungen bei Krankheiten und Erregern, adressiert die Meldepflicht hierfür unterschiedliche Personengruppen. Meldungen von Krankheiten erfolgen gemäß § 6 i.V.m. § 8 Abs. 1 IfSG größtenteils durch den feststellenden Arzt in Praxis, Krankenhäusern oder anderen stationären Einrichtungen. Daneben sind in diesen Fällen eine Reihe weiterer Personen meldepflichtig (z.B. Angehörige eines anderen Heil- oder Pflegeberufs, Leiter von stationären Einrichtungen, Flugzeug- oder Schiffsführer), wenn eine Meldung durch den Arzt noch nicht erfolgt ist. Die Meldung von Krankheitserregern erfolgt gem. § 7 i.V.m. § 8 Abs. 2 und 3 IfSG durch labordiagnostische Einrichtungen. Vor diesem Hintergrund finden sich auch unterschiedliche Musterformulare des Robert-Koch-Instituts (RKI) für die Meldungsarten Arztmeldung und Labormeldung. Aufbauend auf den Musterformularen des RKI existieren eine Reihe von bundesland-spezifischen Ausprägungen der Arzt- und Labor-Meldebögen, die sich z.T. nicht nur im Layout unterscheiden sondern darüber hinaus in Einzelfällen Angaben enthalten, die aus landesspezifischen Vorgaben resultieren. (Beispielsweise wurden in NRW im Arztmeldebogen zusätzlich Informationen zum Impfstatus aufgenommen.)
Grundtypen von Meldungen
Es können folgende Grundtypen von Meldungen unterschieden werden:
Arztmeldung
§ 6 IfSG, Erkrankungen, namentliche Meldung an das örtlich zuständige Gesundheitsamt
Labormeldungen
- § 7 Abs. 1 und 2 IfSG, Krankheitserreger, namentliche Meldung an das örtlich zuständige Gesundheitsamt
- § 7 Abs. 3 IfSG, Krankheitserreger, nicht-namentliche Meldung an das RKI
(bestimmte Erkrankungen: Syphilis, HIV, Echinokokkose, Malaria, Röteln/Toxoplasmose)
Die Inhalte der Standard-Meldebögen für die namentliche Meldung von Erkrankungen und Erregern werden im Abschnitt Dokumenttypen vergleichend dargestellt.
Aufgabenstellung eMeldewesen
Um die Übermittlung von Meldungen über meldepflichtige Krankheiten und Erreger an die heutigen Rahmenbedingungen - welche durch eine hohe Mobilität der Menschen über große Entfernungen und ein größeres Risikopotential für die schnelle Ausbreitung von Infektionskrankheiten und Erregern gekennzeichnet sind - anzupassen, bietet sich die Nutzung von standardisierten und strukturierten Übermittlungsformaten an, die nicht nur eine schnelle Übertragung, sondern auch eine schnelle Verarbeitung und Auswertung dieser Meldungen ermöglichen. Wichtig für den flächendeckenden Einsatz eines elektronischen Meldeverfahrens ist dabei die möglichst weitgehende Unterstützung und Entlastung der meldepflichtigen Akteure von administrativen Zusatzaufwänden. Hierfür sind drei Teilaufgaben in einer für den Zweck angemessenen Detailtiefe zu lösen:
Primärsystemintegration
Idealerweise sollte die Erkennung eines meldepflichtigen Falles, das Ausfüllen einer Meldung an die zuständige Gesundheitsbehörde (hier im Fokus: namentliche Meldung an das Gesundheitsamt) und den Export einer elektronischen Meldung zur Übermittlung mittels eines geeigneten gesicherten Transportverfahrens in das Primärsystem integriert sein. Als Trigger für das Erkennen eines potentiell meldepflichtigen Falls kann beispielsweise bei Erkrankungen (Arztmeldung nach § 6 IfSG) die vom DIMDI in Abstimmung mit dem RKI gepflegte Kennzeichnung von Diagnosen in den Metadaten des ICD-10 genutzt werden.
Das alleine löst aber noch nicht das Problem der Abbildung des entsprechenden Regelwerkes. Beispielsweise sollen Masern nur in Kombination mit Fieber gemeldet werden.
Strukturierter Datensatz
Für die Übermittlung vom meldepflichtigen Akteur an zuständigen Gesundheitsbehörden (Gesundheitsämter) bietet es sich an, in Anlehnung an den VHitG-Arztbrief auf der Basis HL7/CDA aufzusetzen und in diesem Rahmen einen standardkonformen Datensatz zu definieren. Die Inhalte des Datensatzes basieren im Wesentlichen auf den existierenden Muster-Meldebögen und versuchen auch die Perspektive der weiterverarbeitenden Meldekette (Gesundheitsamt, zuständige Landesbehörde und RKI) berücksichtigen. Des Weiteren muss der Datensatz den Anforderungen des Datenschutzes (hier insbes. Erforderlichkeit, Datensparsamkeit und Zweckbindung) genügen. Dies bedeutet u.a., dass die Inhalte auf jene personenbezogenen Informationen zu beschränken sind, die von der Rechtsgrundlage der Meldepflicht (IfSG) vorgegeben sind.
Darüber hinaus soll die Spezifikation so flexibel sein, dass die inviduellen Anforderungen der einzelnen Länder abbildbar sind.
Sicherer Transportweg
Um sicherzustellen, dass auf dem Weg vom Melder zum Gesundheitsamt keine unberechtigten Personen Kenntnis von den Inhalten der elektronischen Meldung erhalten können, sind geeignete Transportmechanismen vorzusehen. Aus Datenschutzsicht stehen hier die Aspekte Vertraulichkeit, Integrität und Authentizität im Vordergrund. Als Beispiele für sichere Transportwege werden technische Transportlösungen wie KV-SafeNet/D2D (evtl. künftig auch KV-CONNECT) oder OSCI-Transport angesehen, die ihrerseits bereits durch Datenschutzbeauftragte des Bundes oder der Länder positiv bewertet wurden. Perspektivisch ist jedoch bereits heute die Migration in die künftige Telematikinfrastruktur im Gesundheitswesen (TI) konzeptionell zu berücksichtigen.